Female Voyeur
Von Frau Suk // 18. Oktober 2011 // Tagged: Pornfilmfestival 2011, Porno // Keine Kommentare
Abgesehen von dem Puzzy Power-Quatsch mein erster Porno, der das Etikett „Frauenporno“ trägt. Hatte ich beim Gucken nun mehr Spaß, als bei anderen zeitgenössischen Pornos? Hmm, irgendwie nicht. Mir ist das alles zu gewollt, kein Zauber. Aber zunächst zur Struktur: Female Voyeur besteht aus drei Segmenten, die völlig unabhängig voneinander funktionieren. Im ersten Segment She Calls the Shots vernascht eine Fotografin ihre beiden männlichen Models, im zweiten Segment XXXMen sehen wir eine Art Casting-Show für den Supercallboy, und das dritte Segment Pleasure Slaves zeigt eine pseudo-antik angehauchte Ultrasoft-SM-Rudelsex-Geschichte. Die Handlung ist auf das Notwendigste reduziert und dient einzig der Rahmung der Sexszenen.
Immerhin: Es geht sehr oft um die weibliche Lust. Die Hauptdarstellerin hat in She Calls the Shots mit den beiden männlichen Darstellern augenscheinlich mehrere Höhepunkte, allerdings scheint sie am Ende mit sich selbst den größten Spaß zu haben, sie masturbiert sich zu einem mark- und trommelfellerschütternden Orgasmus und brüllt dabei wie am Spieß. Das mag vielleicht authentisch sein (kann sie ja im Zweifelsfall nix für), irritiert aber trotzdem. Letztlich werden hier genauso all die unbequemen Stellungen abgearbeitet, wie in Pornos, die nicht gezielt für den „weiblichen Blick“ gemacht sind. Politisch korrekt und puzzy-power-kompatibel werden aber gut sichtbar Kondome benutzt und es wird nicht in irgendwelche Gesichter ejakuliert (wenn ich mich recht erinnere, wird überhaupt nicht ejakuliert).
Im zweiten Teil sehen wir eine vierköpfige weibliche Jury, vor der die Kandidaten zur Wahl zum besten XXXMan (des Jahres? Des Universums? Ever?) zeigen müssen, was sie können. Diese „Schland sucht den Super-Was-auch-immer“-Verarsche ist reichlich albern. Die Jurorinnen wirken affektiert und gönnerhaft, setzen sich demonstrativ die Fielmannbrille auf oder benutzen ein Opernglas, um bei der Fleischbeschau besser zu sehen und verteilen am Ende jeder Runde Punkte für die Anwärter. Die Herren ziehen währenddessen ihre Chippendale-Nummer ab und setzen dabei diesen schleimigen „Cherie-ich-bin-eigentlich-ein-Latin-Lover-Blick“ auf. Mich befremdet es, Männer auf Akkord vor einer Daumen-rauf-Daumen-runter-Jury wichsen zu sehen. Natürlich gewinnt am Ende Kandidat Scott, der nicht nur einen Drink spendiert, sondern auch eine Runde Cunnilingus ausgibt.
In Pleasure Slaves lässt sich eine Herrin in pseudo-römischem Ambiente (Dienerinnen, die mit Federfächern wedeln und Riemchensandalen tragen, die obligatorische Obstschale) von ihren phasenweise etwas gelangweilt wirkenden SklavInnen bedienen. Die männlichen Sklaven tragen Halsbänder und werden aus einer Art Hundehütte geholt, bevor sie mit den Stöckchen spielen dürfen. Alle landen letztlich gemeinsam in dem ziemlich un-antik wirkenden Metallbett. Leider hat diese Gruppensex-Szene wenig mit den Orgien aus unseren Golden-Age-Klassikern gemein. Alles wirkt künstlich und gestellt.
Ihrer eigenen Aussage nach orientiert sich Regisseurin Petra Joy an den Phantasien von weiblichen Fans (und an ihren eigenen). Aber irgendwie will der Funke bei mir nicht überspringen. Vielleicht liegt es an der Optik. Die Bildästhetik erinnert mich an Soap-Operas, alles wirkt steril. Kulisse ist Kulisse ist Kulisse – und sieht auch danach aus. Eine eigene Stimmung, wie sie z. B. Wakefield Poole zu erzeugen wusste, stellt sich nicht ein. Mir fehlt das Verruchte, Verbotene, Schmutzige, Unkontrollierte, das in meinen Lieblings-Golden-Age-Filmen immer irgendwie mitschwingt, egal wie abstrus oder rudimentär die Handlung sein mag. Der Sex in Female Voyeur riecht hingegen immer ein bisschen nach Arbeit, Dienstleistung, Nagelstudio. Und das, obwohl ich nach der Sichtung des Bonus-Materials den Darstellern wirklich abkaufe, dass ihnen der Dreh Spaß gemacht hat und dass die Stimmung am Set toll war. Die Lektüre von Petra Joys Tagebuch der Organisationspannen, Casting-Probleme und Unwägbarkeiten beim Dreh fand ich jedenfalls spannender als den Film.
Deutschland 2011, Regie: Petra Joy
Female Voyeur ist ein Beitrag des diesjährigen Porn Film Festivals.